Die Ursprünge des Priesterseminars führen uns fünf Jahrhunderte zurück. An der Wende vom Mittelalter war die katholische Kirche in einem miserablen Zustand: Korruption, Vetternwirtschaft, Reformstau und ein schlecht bis gar nicht ausgebildeter Klerus. Die Liste mit den zu bearbeiteten war lang. Ein allgemeiner Wille, die Probleme anzugehen – Fehlanzeige. Immer wieder hatte es gegen die Missstände Widerstand gegeben – in deutschen Gebieten hatte die „Reformation“ ihren Anfang genommen, die zum Entstehen der protestantischen Kirchen führen sollte.
In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts war die Lage der Kirche (und besonders der Zustand des Klerus) so desaströs, dass man die Notwendigkeit zum Handeln erkannte. Auf dem Konzil von Trient (1545 bis 1563) erörterten die Kirchenleute die großen Herausforderungen der Zeit. Wie kann der Sünder vor Gott bestehen? Wozu braucht es einen Priester? Wie lässt sich der sittlich und geistig verfallene Klerus reformieren? Das waren nur einige der vielen Fragen, denen man sich in Disputen stellte und auf die man in dutzenden Dekreten Stellung nahm.
Eines dieser Dokumente ist das sogenannte Seminardekret, das im Sommer 1563 verabschiedet wurde. Das Trienter Konzil hatte erkannt, dass eine fundierte Ausbildung des Klerus für die Neuordnung und Reform der Kirche unausweichlich war. Im lateinischen Original heißt das Dokument darum bezeichnenderweise „De reformatione“ (dt. „von der Erneuerung“). Daher wurde ein „Klerikerkolleg“ als Ausbildungsort eingeführt, eine vita communis mit anderen Alumnen verbindlich vorgeschrieben und eine wissenschaftlich-spirituelle Unterweisung grundgelegt. Die Bischöfe wurden zu ihrer Errichtung, Unterhaltung und Förderung verpflichtet. Auch regelmäßige Visitationen (Kontrollbesuche durch kirchliche Obere) wurden angestrebt. Die neuen Seminare waren das Instrument für die Reform der Kirche.